Zandra Harms – Unterschlupf im Kreisverkehr | special edition
Der Katalog „Unterschlupf im Kreisverkehr“ ist anlässlich einer dreimonatigen Residenz von Zandra Harms im Keramion in Frechen erschienen. Er gewährt Einblicke in die Porzellanarbeiten und Pastellkreidezeichnungen der Künstlerin. Ein begleitender Text von Johanna Adam (Bundeskunsthalle in Bonn) vermittelt eine besondere Perspektive auf das Werk von Zandra Harms.
"(…) Das temporäre Dach über dem Kopf, das Zelt in seiner Form, Anmutung und Assoziationskraft, interessiert die Künstlerin Zandra Harms bereits seit langem. Die klassische Zeltform, die einem aufgestellten Dreieck gleicht, gilt als die einfachste und zugleich stabilste geometrische Figur. Auch wenn wir eine Vielzahl verschiedenster Dächer kennen, so bleibt doch die Form des Zeltdachs die charakteristischste von allen. Es ist nicht nur die Form, die die Künstlerin hier interessiert, sondern insbesondere der Topos des Zeltes als bedingter Schutzraum. Das Zelt suggeriert ein Haus zu sein und bietet ähnlichen Raum, ähnlichen Schutz und sogar eine ähnliche Form: Und dennoch bleibt es fragil, bietet nur begrenzte Sicherheit, keine festen Wände, keine Dauerhaftigkeit. Die Materialität der dünnen Stoffhaut lässt einen besonderen Raum entstehen, ein Zwischenstadium zwischen Innen und Außen. Die transluzenten Zeltwände bieten Sichtschutz, und dennoch fällt das Licht hindurch und Schatten zeichnen sich ab. Geräusche dringen hindurch, aber erscheinen gedämpft. Diese Eigenschaften des Raumes evoziert Zandra Harms in ihrer Serie von Zelten aus Pastellkreiden. Die kräftigen Farben auf schwarzem Grund stechen hell leuchtend hervor, sind aber nie deckend und erzeugen jenen Effekt der Transluzenz, den wir im Zeltraum verspüren. Die Welt erscheint durch die Zeltwand wie ein Schattenspiel, das lediglich eine Ahnung der von der Realität vermittelt."
Johanna Adam